Solarpark-Ausbau: Wenn Energiewende auf Ackerland trifft

    Ausbau von Solarparks:Wenn Energiewende auf Ackerland trifft

    von Patricia Hoffhaus, Michael Strompen
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    Die Ampel will Solarenergie bis zum Jahr 2030 stark ausbauen. Doch neue Solarparks scheitern immer wieder am Widerstand vor Ort - Landwirte sehen ihre Betriebe in der Bredouille.

    Fläche mit vielen Solarpanelen
    Die Bundesregierung hat ein neues Solarpaket beschlossen, das den Ausbau beschleunigen soll. Dabei tobt schon jetzt vielerorts ein heftiger Streit um neu geplante Solarparks.22.08.2023 | 9:32 min
    Welche Probleme die Energiewende in der Praxis mit sich bringt, weiß der Landwirt Lutz Wercham zu gut. In der Gemeinde Letschin im Osten Brandenburgs produziert er Saatgut. Große Teile seiner Flächen hat er gepachtet. Nun droht er 15 Hektar Ackerfläche zu verlieren - zugunsten von Sonnenenergie. 
    Denn der Flächeneigentümer will die Pacht nicht verlängern, stattdessen eine Solaranlage installieren. Das kann existenzgefährdend werden, fürchtet Wercham:

    Wenn das jetzt wirklich anfangen sollte, 20 bis 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche an Investoren wegzugeben, dann bringt das den Betrieb in die Bredouille.

    Lutz Wercham, Landwirt

    Bundesregierung beschleunigt Ausbautempo

    Sorgen, wie die des Landwirts Wercham, stehen dabei im Konflikt mit den Zielen der Bundesregierung: Raus aus Kohle- und Atomstrom, rein in eine solare Zukunft, so der Plan.  
    Dafür hat die Ampel ein umfangreiches Solarpaket beschlossen. Der ehrgeizige Plan: Die aktuell installierte Leistung von rund 74 Gigawatt soll bis zum Jahr 2030 auf 215 Gigawatt Leistung gesteigert werden - das Doppelte vom aktuellen Ausbautempo. 
    Und: Landwirtschaftliche Flächen rücken verstärkt in den Fokus: Bis zu 80 Gigawatt sollen auf Ackerland installiert werden.  

    Solarparks auf fruchtbarem Boden: Kritik von Landwirten

    Genau hier liegt die Crux. Solarparks auf Ackerland sind zwar leistungsstark und wirtschaftlich. Doch viele Kommunen, die über das "Go" für einen Solarpark letztlich entscheiden, sind skeptisch, wenn fruchtbarer Boden mit Solarpanelen bebaut werden soll. 
    Landwirt Lutz Wercham sieht sich dabei nicht als Gegner von Solarenergie. Auf Dächern, auf versiegelten Flächen, da ist er dafür. Aber bitte nicht auf wertvollem Ackerland.  
    "Wenn Leute mit der Fläche nicht verbunden sind und denen egal ist, ob da Lebensmittel auf höchstem Niveau produziert werden und es nur darum geht, Kasse zu machen", schimpft Wercham im Gespräch mit ZDF frontal. "Dann ist das natürlich favorisiert, da einfach eine Solaranlage drauf zustellen."

    Was die Bundesregierung plant

    Die Bundesregierung versucht den Streit um das Ackerland mit neuen Regeln zu entschärfen. Dafür hat sie in ihrem Solarpaket Lösungen formuliert, die auch die Interessen der Landwirte berücksichtigen sollen.  

    • Mit Priorität will die Regierung Agri-PV-Anlagen ausbauen, also PV-Anlagen, auf denen parallel Ackerbau möglich ist. 
    • Außerdem werden Anlagen auf Mooren, Gewässern und Parkplätzen besonders gefördert. 
    • Die Regierung plant, bürokratische Hürden für Photovoltaik-Anlagen auf Dächern abzubauen. 
    • Mindestens die Hälfte der neuen Photovoltaikanlagen müssen auf Gebäuden errichtet werden. 
    • Maximal 80 Gigawatt sollen auf landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden. Ist ein Prozent der landwirtschaftlichen Fläche mit Solarzellen belegt, kann das jeweilige Bundesland die Förderung zunächst bis 2030 stoppen.   

    Ackerland im Visier von Spekulanten

    Ackerland, auf dem ein Solarpark entsteht, ist plötzlich ein Vielfaches wert.  Das lockt Investoren an, zu sehen in der Gemeinde Märkische Heide im Spreewald. Normalerweise zahlen Landwirte dort für einen Hektar Ackerland rund 150 Euro Pacht im Jahr. 
    Die Firma City Best Forest and Agriculture GmbH hat einige Hektar Ackerland in der Gemeinde ersteigert für ungefähr das Dreifache des Schätzwertes.
    Landwirte können da nicht mithalten. Jetzt preist das Unternehmen sie einem Solar-Investor an. In einer E-Mail, die ZDF frontal vorliegt, heißt es: "Mieten pro Hektar 4.000 bis 5.000 Euro stehen (…) fest."   
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    Landwirte im Konflikt mit City Best

    City Best hat insgesamt über 200 Hektar Fläche verteilt auf Kommunen im ganzen Land gekauft - das geht aus einem Dokument hervor, das ein Informant ZDF frontal zuspielte. 
    Werden hier Landwirte zugunsten von Solar-Investoren ausgestochen? Die Firma dementiert: "Die 'Vorwürfe' treffen in keiner Weise zu. (…) Wir haben bis heute weder Solar- noch Wind realisiert, im Gegenteil neue Pachtverträge mit Landwirten abgeschlossen, damit die Flächen wieder bewirtschaftet werden", heißt es in einem Schreiben an ZDF frontal.  

    Neues Gesetz in Brandenburg geplant

    Reinhard Jung vom Verband Freie Bauern Deutschland sieht das anders.  Gegenüber ZDF Frontal sagt er, dass Bauern mit ihrer landwirtschaftlichen Produktion gegen 4.000 Euro oder 5.000 Euro keine Chance hätten.

    Es ist ein Kampf, den die andere Seite kämpft. Sie kämpft einfach mit Geld.

    Reinhard Jung, Verband Freie Bauern Deutschland

    Dass Landwirte in Brandenburg von Investoren verdrängt werden, will Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) nun durch ein neues Gesetz verhindern. Ein Agrarstrukturgesetz soll Bauern vor Ort beim Landkauf bevorzugen und Preise deckeln. 

    Positivbeispiel in Mecklenburg-Vorpommern

    Wie es trotz aller Streitigkeiten zwischen Landwirten, Investoren und der Politik besser laufen kann, zeigt sich in Klosterdorf in Mecklenburg-Vorpommern. Dort laufen die letzten Bauarbeiten für einen neuen Solarpark. "Die Anlage kann hier sehr gut in vorhandene Strukturen integriert werden", sagt Solarpark-Planerin Tatjana Rosenthal im Gespräch mit ZDF frontal. "Die Anlage hat keinen störenden Effekt für das Dorf, das ist der Gemeinde sehr wichtig."  
    Die Dorfbewohner sind gelassen, weil sie den Solarpark von der Straße aus nicht sehen können. Und Streit zwischen Großgrundbesitzern und Bauern gibt es hier auch nicht, weil der landwirtschaftliche Betrieb die Fläche selbst zur Verfügung gestellt hat.

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