Fall Julian Assange: Chronologie der wichtigsten Ereignisse

    Tauziehen um Wikileaks-Gründer:Julian Assange - Chronologie der Ereignisse

    Katharina Schuster
    von Katharina Schuster, Washington D.C.
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    Von Schweden nach London ins Hochsicherheitsgefängnis: Wikileaks-Gründer Assange veröffentlichte geheime US-Dokumente. Nun drohen ihm 175 Jahre Haft. Die wichtigsten Ereignisse:

    Anhörung von Julian Assange in London
    In London wird eine Entscheidung zur möglichen Auslieferung des inhaftieren Wikileaks-Gründers Julian Assange erwartet. Im Falle einer Auslieferung drohen ihm 175 Jahre Haft.20.05.2024 | 0:24 min
    Er selbst beschreibt sich als Journalist. Kritiker*innen betrachten ihn als Kriminellen. Dem Wikileaks-Gründer Julian Assange droht die Auslieferung in die USA und damit Gefängnis für den Rest seines Lebens - wobei Assange dagegen Berufung einlegen kann, wie der Londoner High Court am Montag entschied.
    Der Vorwurf der US-Behörden: Assange habe Whistleblowerin Chelsea Manning bei der Spionage geholfen, habe geheimes Material von Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von Informanten in Gefahr gebracht.
    Julian Assange (Archivbild vom 19.05.2017)
    2010 veröffentlichte Wikileaks brisantes Material zu Militäreinsätzen in Irak und Afghanistan. Seitdem gilt Julian Assange als Staatsfeind – ihm droht die Auslieferung an die USA.20.02.2024 | 1:23 min
    Wie es dazu kam:

    2006

    Assange gründet die Enthüllungsplattform Wikileaks in Australien. Die Gruppe beginnt mit der Veröffentlichung sensibler oder geheimer Dokumente.

    2010

    Wikileaks veröffentlicht Hunderttausende Dokumente. Das wird der US-Regierung zum Problem. Denn: Die Dokumente enthalten brisante Informationen zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen der USA bei Einsätzen in Afghanistan und im Irak.
    Aus einem anderen Grund erwirkt die schwedische Staatsanwaltschaft 2010 einen internationalen Haftbefehl gegen Assange. Ihm werden Sexualdelikte vorgeworfen. Assange weist die Anschuldigungen zurück. Er verlässt Schweden und reist nach Großbritannien, wo er sich der Polizei in London stellt.
    Er wird in Untersuchungshaft genommen. Gegen Kaution kommt Assange ein paar Tage später frei, muss aber eine elektronische Fußfessel tragen.
    Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck im Gespräch mit ZDFheute live.
    Wenn jemand wie Assange in den USA verurteilt würde, dann werde der politischen Willkür Tür und Tor geöffnet, so Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck.20.02.2024 | 14:37 min

    2012

    Aus Sorge ausgeliefert zu werden, flieht Assange in die Botschaft Ecuadors in London und beantragt erfolgreich politisches Asyl. Die Polizei stellt Wachen auf, um ihn zu verhaften, wenn er die Botschaft verlässt.

    Assange bekommt eine neue Ausweisnummer.
    Quelle: Frank Augstein/AP/dpa

    Julian Assange wurde 1971 in Australien geboren. Er ist Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks. Assange bezeichnet sich selbst als Journalist und beansprucht deshalb die für Medien üblichen Schutzklauseln, wenn es um die Geheimhaltung von Quellen und die Veröffentlichung vertraulicher Informationen geht.

    Kritiker werfen ihm vor, er sei ein Selbstdarsteller, der Menschenleben gefährdet habe. Seine Anhänger sehen in ihm dagegen einen Journalisten, der wegen der Aufdeckung von mutmaßlichen US-Kriegsverbrechen ins Visier der Justiz in Washington geraten ist.

    2016

    Vor der US-Präsidentschaftswahl veröffentlicht Wikileaks gestohlene E-Mails der demokratischen Partei. Sie stammen aus dem Wahlkampfteam der Kandidatin und früheren Außenministerin Hillary Clinton, welche die Wahl letztlich gegen den Republikaner Donald Trump verliert.
    US-Behörden gehen davon aus, dass die E-Mails von russischen Hackern heruntergeladen und Wikileaks zugespielt wurden. Diesen Aspekt hat auch FBI-Sonderermittler Robert Mueller in seinem Abschlussbericht über die vermutete russische Einmischung bei der Präsidentenwahl festgehalten.

    2017

    Im Mai stellt die Staatsanwaltschaft in Schweden ihre Ermittlungen ein. Damit ist Assange allerdings noch kein freier Mann, denn er verstieß mit der Flucht in die Botschaft gegen britische Kautionsauflagen.

    2018

    Ecuadors Präsident Lenín Moreno erklärt, dass sein Land und Großbritannien an einer rechtlichen Lösung arbeiten, um Assange die Ausreise aus der Botschaft zu ermöglichen. In den USA taucht ein Dokument auf, wonach gegen Assange offenbar heimlich Anklage erhoben wurde. Es werden keine Details bestätigt.
    Elmar Thevessen und Nazan Gökdemir
    Bei einer Auslieferung drohen Julian Assange 175 Jahre Haft. Die Chance, dass er nach einer Verurteilung begnadigt wird, sei aber hoch, so ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen. 21.02.2024 | 3:03 min

    2019

    Assange habe die Auflagen für sein Botschaftsasyl "wiederholt verletzt", erklärt Ecuadors Präsident. Nach sieben Jahren in der Botschaft nimmt die britische Polizei Assange fest, nachdem ihm zuvor das Asyl entzogen wurde. Im Mai wird der Australier zu 50 Wochen Haft wegen Verstoßes gegen Kautionsauflagen verurteilt.
    Ende Mai verschärft die US-Justiz ihre Anklage gegen Assange. Dem Wikileaks-Gründer werden nun auch Verstöße gegen Anti-Spionage-Gesetze vorgeworfen. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 175 Jahre Gefängnis.

    2020

    In London beginnt die Hauptanhörung im Auslieferungsverfahren gegen Assange. Im April wird bekannt, dass der Wikileaks-Gründer eine Beziehung mit seiner Anwältin Stella Moris führt. Das Paar hat zwei Söhne.
    Anfang September wird das wegen der Corona-Pandemie unterbrochene Auslieferungsverfahren fortgesetzt. Ein Psychiater bescheinigt Assange vor Gericht eine Suizidgefährdung. Der Australier sei hochgradig depressiv und habe Halluzinationen.

    Gute Laune und Optimismus können zwar einen positiven Einfluss auf Menschen haben, aber nicht alle psychischen Probleme lösen. Unter 0800 / 1110111 bietet die Telefonseelsorge kostenlose und anonyme Beratungen an. Jugendliche finden bei der Nummer gegen Kummer unter 116111 Hilfe. Betroffene können zudem auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (bzga.de) Beratungsstellen finden.

    2021

    Das zuständige Londoner Gericht entscheidet am 4. Januar, dass Assange nicht in die USA ausgeliefert werden darf, weil er sich wahrscheinlich selbst umbringen würde, wenn er unter den harten US-Gefängnisbedingungen festgehalten würde.
    Die US-Regierung legt Berufung ein. Im Dezember entscheidet der High Court in London, dass die Zusicherungen der USA in Bezug auf Assanges Inhaftierung ausreichen, um eine menschenwürdige Behandlung zu gewährleisten.
    Menschen demonstrieren vor einem Gericht in London gegen die Auslieferung von Julian Assange
    Der High Court in London hat die Auslieferung von Julian Assange an die USA zunächst verhindert. Das Gericht verlangt unter anderem, dass Assange dort nicht die Todesstrafe droht.26.03.2024 | 1:26 min

    2022

    Im März heiraten Assange und Moris. Sie geben sich im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Süden Londons das Ja-Wort.
    Die britische Regierung ordnet im Juni die Auslieferung von Assange an die Vereinigten Staaten an. Dagegen legt Assange Berufung ein.

    2024

    Im Februar 2024 versuchen Assanges Anwälte vor dem High Court in London erneut, seine Auslieferung in die USA zu verhindern. Assange erscheint nicht vor Gericht, er sitzt im Londoner Hochsicherheitsgefängnis.
     vehicle with a placard picturing WikiLeaks founder Julian Assange drives past the Royal Courts of Justice, Britain's High Court, in central London, on February 20, 2024, as the high court hears Julian Assange's lawyer making a final appeal against extradition to the US.
    Die Anhörung im Februar sollte klären, ob eine Auslieferung von Assange an die USA noch zu verhindern ist. 20.02.2024 | 2:27 min
    Seine Frau Stella Assange sagt immer wieder öffentlich, ihr Mann werde sterben, sollte sich seine körperliche und geistige Gesundheit weiter verschlechtern.
    X-Post von Sky News
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    Ende März entscheidet der High Court in London, dass der 52-Jährige nicht unmittelbar an die Vereinigten Staaten überstellt werden darf. Demnach könnte dem Antrag des Australiers auf Berufung noch immer stattgegeben werden. Nach Angaben der Richter wurde der Berufungsantrag in sechs von neun Punkten abgelehnt.
    Am 11. April erwägt US-Präsident Joe Biden nach eigenen Angaben, die Bemühungen der USA um eine Bestrafung des Wikileaks-Gründers Julian Assange einzustellen. "Unter Biden scheint der Verzicht auf eine Strafverfolgung denkbar", schätzt ZDF-Korrespondentin Claudia Bates ein.
    julian-assange
    Sehen Sie hier die Einschätzung von ZDF-Korrespondentin Claudia Bates in voller Länge.11.04.2024 | 1:48 min
    Am 16. April legen die USA fristgericht die geforderten Zusicherungen für eine mögliche Auslieferung vor. Bei einer Anhörung am heutigen 20. Mai entschied der Londoner High Court aber, dass Assange noch einmal Berufung einlegen darf. Damit ist eine unmittelbare Überstellung des 52-Jährigen an die USA zunächst abgewendet. Nun geht das seit Jahren andauernde Ringen vor Gericht weiter. 
    Katharina Schuster ist Reporterin im ZDF-Studio Washington.

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